2.2.1 Filzen- Wie geht das?Unter dem Filzprozeß versteht man "... die durch Bearbeitung von losem Fasergut, durch Reibung, Stoß und Druck unter Mitwirkung von Feuchtigkeit und Wärme vor sich gehende innige Verbindung des Fasermaterials zu einem dichten und haltbaren Stoff." (Arnold, 1926) Diese Definition ist zwar alt, gibt aber gut wieder, welche Faktoren beim Filzen die ausschlaggebende Wirkung erzeugen. Der Filzvorgang selbst benötigt außer der Wolle Wasser, Wärme und Bewegung in Form von leichtem Drücken, später Reiben und zum Schluß ein festes Kneten. Dieses Kneten nennt man auch Walken, wodurch ein dichter und fester Stoff, der Filz, entsteht Was beim Filzen geschieht ist, daß die Wollfasern wandern und sich ineinander verwickeln. Dies beruht auf den die Fasern bedeckenden Epidermisschuppen. Weil die Epidermisschuppen gegen die Spitze der Fasern gerichtet sind, gleiten die Fasern bei Bearbeitung gerne in Richtung Wurzelende und haben es andererseits schwer zurückzugleiten, da die Schuppen sich dagegen sträuben. Damit ein Zusammenflechten von Fasern geschieht, muß die Spitze einer wandernden Faser von einer anderen Faser festgehalten werden, etwa durch einen Haken, während das Wurzelende in dem Wirrwarr von Fasern weiterstrebt. Die Wolle wird dann mehr und mehr aus allen Richtungen zusammengezogen, und Filz entsteht." (Sjörberg, 1995). Eine genauere Anleitung wie Filzen praktisch ausgeführt wird kann man in der Versuchsbeschreibung entnehmen. Es gibt verschiedenen Techniken des Filzens, (Hohlkörpertechnik, Filzen von Skulpturen, Rolltechnik, usw.) auf die jedoch in dieser Arbeit nicht eingegangen wird. Die Wolle als Ausgangsmaterial des Filzvorganges ist grundlegend für das Ergebnis. Die unterschiedlichen Eigenschaften der verschiedenen Wollen sind dafür verantwortlich, welche Beschaffenheit der entstandene Filz hat. In der Hauptsache sind die Struktur und die Stärke der Wollfasern ausschlaggebend für das Filzvermögen. Das heiße Wasser, das man beim Filzen verwendet, dringt in die Wollfaser ein. Die Faser quillt auf und die Epidermisschuppen werden nach außen geschoben. Wie oben beschrieben, können sich die Wollfasern nur in eine Richtung bewegen, wenn sich die Richtung durch die Bewegung und den Druck der Hände ändert, verhaken sich die Fasern mit ihren nach außen stehenden Schuppen ineinander und können nicht mehr zurück. Es ist anzunehmen, daß je feiner die Wolle ist um so kleiner sind die Schuppen und umso dichter können sich die Fasern ineinander rutschen.. Das würde bedeuten, daß ein Filz aus feiner Wolle ganz dicht und fest wird und eine Filz aus grober Wolle einen lockeren Filz ergibt, der viel Luft eingeschlossen hat, oder sich schwer oder gar nicht verfilzt. Die Zugabe von Schmierseife in das Filzwasser dient der Veränderung des ph-Wertes der Lösung.. Es können aber auch andere Zusätze verwendet werden. Wenn man die Filzbräuche der Ungarischen Hutmacher oder die der Mongolen vergleicht, kann man feststellen, daß der Zusatz für die Filzflüssigkeit Schwefelsäure, Molke oder Urin ist. Es ist also festzustellen, daß im sauren wie auch im basischen Bereich gute Filzergebnisse erzielt werden. Meine persönliche Erfahrung hat mir gezeigt, daß beim Filzen von Flächen mit der Hand die Schmierseife das Beste ist, da sie auch als Gleitmittel dient und somit das Ineinander Rutschen der Fasern beschleunigt. Das Filzen mit Molke ist bei der Rolltechnik gut geeignet. Das Anschwellen der Epidermisschuppen der Wollfaser ist in einem sauren Milieu (ph-Wert zwischen 1 und 2) wie auch in einem schwach basischem Milieu (ph-Wert zwischen 10 und 11) optimal. Die Wolle hat ihren isoelektrischen Punkt bei ph 4,9. Da ist sie chemisch ausbalanciert und gegenüber chemischen Reaktionen träge. Tatsächlich ist ein Anschwellen der Epidermisschuppen bei ph 3 und ph 6 am geringsten. Einfluß auf die Filzgeschwindigkeit hat auch die Temperatur der Filz bzw. Walkflüssigkeit. Beim Filzen mit Schmierseife, also im basischen Bereich, soll das Seifenwasser ca. 40-45°C haben. Jedoch nicht über 45°C, da sonst die Wollfasern ihre Elastizität verlieren. Das bedeutet, daß sich die Fasern erst ausdehenen würden, doch dann nicht mehr in ihre ursprüngliche Form zurückgehen. (Sjöberg, 1995). Wenn man bedenkt, daß die Wollfaser als Keratin zu der Gruppe der Eiweiße gehört, kann man sich diese Reaktion über die Denaturierung des Eiweißes erklären. Beim Erhitzen von Polipepdidketten (-wie auch die Wollfaser, die als Skleroprotein eine Polipepdidkette ist-) über 60°C oder auch bei der Einwirkung bestimmter Substanzen (Säuren, Alkalien, organische Lösungsmittel) koagulieren (gerinnen) die globulären Proteine, wobei sie unlöslich werden und häufig auch die charakteristischen biologischen Wirkungen verlieren. Dieser Vorgang ist meist irreversibel und beruht auf einer Änderung der Tertiärstruktur der Aminosäuren. (Christen, 1974) Ein weiterer wichtiger Faktor beim Filzen ist die Bewegung und der Druck. Je mehr Reibung und Druck beim Filzen angewendet wird um so schneller kann man ein Filzergebnis erzielen. Das Walken, also das Schrubben der entstandenen Fasermatte auf einem Waschbrett dient in der Hauptsache der Schrumpfung und dem Formen. Das Schrumpfen ist ein wichtiger Teil des Vorganges, da die Fasern noch näher ineinander geschoben werden und dann erst ein fester Filz entsteht. Das Formen wird erzielt indem man bestimmte Stellen des Werkstückes besonders walkt und deshalb an manchen Stellen ein größerer Schwund vorliegt als an anderen Stellen des Filzstückes. Nach all den Arbeitsgängen wird zum Schluß der Filz ausgewaschen und getrocknet. |