2.2 Das FilzenDas Filzen ist eine der ältesten Wollverarbeitungsformen die es gibt, was allerdings durch die schnelle Verrottung des Filzes schwer nachzuweisen ist. In Catal Hüyük in der Türkei fand man Filzfragmente, die das Vorkommen von Filz schon in der Frühzeit (600 v. Chr.) belegen. Sehr gut erhaltene Stücke fand man in Sibirien im Hochland von Altai, genauer in den Höhlengräbern der Grabfelder von Pazyryk. Das berühmteste Stück ist eine kunstvoll gefertigte Satteldecke die auf das 4. Jh. v. Chr. datiert wurde. Diese Funde sind durch Temperaturen weit unter Null, also durch Tiefgefrieren, sehr gut erhalten. Auch Geschichtsschreiber wie Herodot (4.Jh. v. Chr.) beschreiben Filz als ein wichtiges Material für die Zelte der Nomaden, für Wagenabdeckungen, für Teppiche und natürlich für Kleidung, wie Regenröcke und Kopfbedeckungen aller Art. Auch heute noch wird die Filztechnik zur Herstellung der Jurten der Nomaden in der Mongolei ausgeführt. Dabei wird im Spätsommer die Wolle der zweiten Schur des Jahres in Gruppenarbeit und mit Hilfe von Zugtieren, oft Kamelen, verarbeitet. Hier steht jedoch nicht nur die Arbeit im Vordergrund, sondern auch soziale Aspekte, das durch gemeinsames Singen, Essen und Feiern deutlich wird. Auch im norddeutschen Raum gibt es Funde, wo Ausgrabungen des vorgeschichtlichen Hafenbeckens von Haitabu an der dänischen Grenze die Verarbeitung von Wolle an Hand der Filztechnik belegen. Dr. Ina Hägg, die Verantwortliche der wissenschaftlichen Untersuchung der Funde von Haitabu, stellte in einem Vortrag am 30.05.97 in Lübeck im Landesmuseum Ostpreußen heraus, daß die Textilien aus der Wikingerzeit stammen. Man fand bei den Ausgrabungen teerartige Klumpen, die - wie sich nach Entfernen der Teerschicht herausstellte - Lumpen aus textilem Material darstellten. Die Teerschicht hat die Textilien konserviert. Die Hypothese, daß die textilen Fetzen zum Einstreichen der Wikingerboote mit Teer - also zum Abdichten der Boote, benutzt wurden, konnte bisher noch nicht widerlegt werden. Einer der Filzfunde stellt eine Maske dar, die einem Rind oder einem Bär ähnelt. Diese benutzten die Wikinger höchstwahrscheinlich als Teile ihrer Kostüme bei traditionellen Zeremonien. Eine genauere Untersuchung der Filzmaske ergab, daß der Fund aus Wolle besteht. Mikroskopische Untersuchungen der Wollfasern zeigten, daß die Art der Fasern, die Häufigkeit und das Verhältnis der auftretenden Fasern, der Wolle der heute vom Aussterben bedrohten Schafrasse der Skudden entspricht. In Europa lebt heute die Kunst des Filzens wieder auf. Kunsthandwerker und Filzer treffen sich regelmäßig auf speziellen Treffen, die in ganz Europa statt finden. Die Technik des Filzens wird heute oft im Unterricht für Texiles Arbeiten miteinbezogen, und kann auch bei der Beschäftigungstherapie von behinderten Menschen eingesetzt werden. Einer der Hauptaspekte beim Einsatz dieser Technik im pädagogischen oder auch therapeutischen Bereich ist der Umgang mit dem Naturstoff Wolle, dem Element Wasser und der Wärme, wobei diese Faktoren die eigene Inspiration und Kreativität fördern. Die Freude und Begeisterung, die während des Arbeitens mit dieser Technik bei Kindern entsteht, konnte ich selbst beim Durchführen einer AG im Kindergarten Friedland 1997 erleben. Beim Filzen von großen Stücken, wie Teppichen oder Jurten, wird der Teamgeist einer Gruppe gefordert, und somit gefördert und geübt. Über die verwendeten Elemente werden wesentliche Punkte bei Arbeiten in der Gruppe angesprochen. Das Element Wasser, welches den fließenden Teil darstellt, verhindert Energiestau (z. B. den Stau von Aggressionen), die Wärme erzeugt ein wohliges Gefühl und macht Menschen offener. Wolle als Verbindung zum Element Erde verkörpert Beständigkeit und Ausdauer, welche bei einem großen Projekt nötig ist. |