2.1.3 Die Wollfaser unter dem MikroskopUm die Bedeutung der einzelnen Wollfasern bei der Verarbeitung zum Filz genau zu verstehen ist es sinnvoll, den Aufbau der Faser an Hand elektronenmikroskopischer Betrachtung und chemischer Strukturen zu erklären. Unter dem Mikroskop sieht eine Wollfaser einem Tannenzapfen sehr ähnlich. Die Faser besteht aus palmrindenartig oder schindelartig angeordneten Zellplättchen, die in eine Richtung zeigen. Diese Schicht nennt man Cuticula. Sie besitzt die Eigenschaft, Wasserdampf, nicht aber flüssiges Wasser, durchzulassen.
Abb.1: Die Wollfaser unter dem Mikroskop (schematische Darstellung) Quelle: Lehmann (o.A.) "Die Kleidung unsere zweite Haut" Wenn man die Faser im Querschnitt betrachtet, kann man innerhalb der Cuticula zwei verschiedene Segmente erkennen. Die Segmente Ortho- und Paracortex, die den Faserstamm bilden. Sie besitzen geringfügige chemische Unterschiede und weisen gegenüber Feuchtigkeit ein unterschiedliches Quellungsvermögen auf, wobei Orthocortex stärker quillt als Paracortex. Ortho-und Paracortex sind so umeinander gewunden, daß eine spiralförmige oder spiralähnliche Krümmung zu erkennen ist. Ein Cortexstrang besteht aus vielen Spindelzellen. Diese zusammengesetzt ergeben Mikrofibrillen, deren Untereinheiten, die Protofibrillen, umeinander verdreht sind. Ein Protofibrillenstrang setzt sich aus 3 Helices zusammen. Diese sind aus verschiedenen Aminosäuren (AS) aufgebaut. (Dannenfeld, 1989).
Abb.1: Schematische Darstellung des Aufbaus der Wollfaser Quelle: Dannenfeld (1989) "Die Wollfaser, chemische und bekleidungsphysiologische Eigenschaften" Die Kräuselung einer Faser läßt sich durch die bilaterale Struktur der Cortex erklären. Die basophile (basenliebende) Orthocortex ist weniger stabil und weist weniger gepackte Spindelzellen auf. Die acidophile (säureliebende) Paracortex stellt den stabileren Teil dar und weist dicht gepackte Spindelzellen auf. Bei einer gekräuselten Faser liegt die Orthocortex immer außen, und die Paracortex auf der Innenseite der Krümmung. Die Kräuselung entsteht durch das unterschiedliche Spannungsverhältnis von Ortho- und Paracortex (Doehner, 1964).
Abb.2: Die Cortes-Struktur der Wollfaser Quelle: Dannenfeld (1989) "Die Wollfaser, chemische und bekleidungsphysiologische Eigenschaften" Bei der Wollfaser von Landschafrassen, die allgemein eine gröbere Wolle besitzen und nur Wellungen bzw. eine geringe Kräuselung aufweisen, sind die Cortexanteile nicht bilateral, sondern symmetrisch angeordnet (Doehner, 1964). Bei dieser Art der Wollfaser findet man als Kern einen Innenmarkkanal, der durch Durchmesser und Struktur die Kräuselung beeinflußt. Je größer der Durchmesser des Innenmarkkanals, desto gröber ist die Wolle.
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