VorwortSeit seinem Bestehen erfreut sich das Werk des österreichischen Malers Gustav Klimt großer Verbreitung und Rezeption. Bis heute spricht die magische Schönheit der Klimtschen Malerei Menschen aller Kontinente und Altersstufen an. Das Thema der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit einem von Klimts Hauptwerken, dem Stoclet-Fries. Das als Stoclet-Fries bekanntgewordene Werk Klimts ist Teil einer großbürgerlichen Villa, die der Brüsseler Großindustrielle Adolphe Stoclet 1906 in Auftrag gab. Das Bauprojekt lag in den Händen des österreichischen Architekten und Kunsthandwerkers Josef Hoffmann. Klimt hatte den Auftrag die Wände des Speisezimmers zu gestalten. Die vorliegende Kleiderkollektion will sich dem Originalwerk über seine Kernidee annähern, ohne bei der reinen Replikation seiner Oberflächenerscheinung zu verharren. Das Werk beeindruckt durch innovative Komposition aus antiken und damals zeitgenössischen Ausdrucksformen und Kunsttechniken. Klimt entwickelte den Fries aus dem Handwerk, ohne beim Kunstgewerbe stehen zu bleiben. Er verwendete für das Mosaik des Frieses Keramik, Emaille, Perlmutt und Metall. Ungeachtet der unterschiedlichen Oberflächen, Farbtemperaturen und Muster, die in dieser Kollage auftreten, hat er eine Einheit geschaffen. Die klare Sprache der Formen erzählt eine in sich abgeschlossene Handlung: Stationen des Lebens – stellvertretend durch den spärlichen Einsatz von Personen, eingebettet in einen Ornamentrausch von delikater Pracht. Dies gelingt ihm durch seinen freien Umgang nicht nur mit Materialien, sondern auch mit Kunststilen. Aus der europäischen Tradition stammen die Portraits seiner Personen, aus Ost-Asien der Verzicht auf Perspektive und aus Ägypten eine Vielzahl der auftauchenden Symbole. Sein Schaffen könnte auch als die Essenz der ersten Globalisierungswelle des beginnenden Industriezeitalters bezeichnet werden. Das spartenübergreifende Zusammenspiel von Kunst und Handwerk ist typisch für diesen Künstler. Doch niemals wird Material zugunsten einer angestrebten Form vergewaltigt. Immer bestimmt das Material auch das Resultat mit. Diesen handwerklichen Ansatz Klimts will die vorliegende Arbeit wiederaufnehmen. Was im Fries als Keramik, Metall und Stein erscheint, soll in der Kollektion durch das textile Urmaterial Wolle wiedergegeben werden. Es werden vom Material bedingte und erwünschte, leicht strukturierte Flächen durch filzen entstehen, auf denen aufgrund der Klimtschen Vorgabe Formen und Muster erscheinen. Dabei wird die Farbigkeit des Rohstoffs Wolle nicht durch chemische Ausrüstung verfremdet. Weitere dekorative Effekte setzen Naturstoffe, pflanzengefärbte Garne, Glas- und Flußperlen, Muscheln, Kaurischnecken, sowie Metall. Entsprechend des Klimtschen Vorgehens finden die Materialien im Experiment Verwendung, Komposition und Kombination lehnen sich am Vorbild des zugrundeliegenden Friesmosaikes an. Die Strukturen der Stoffe fließen in die Gestaltung ein. Mit den Händen ist es möglich, Flächen und Stoffe herzustellen und daraus Formen zu gestalten. Die Hände sind es, die den Filz formen mit kreisförmigen Bewegungen. Bewegung und Ruhe fließen in die Fläche mit ein. Diese Kreisbahnen bleiben für den Betrachter unsichtbar und schaffen dennoch die Lebendigkeit des Materials. Die Spirale als Ursymbol alles Lebendigen – ein Grundprinzip, das auch die Wolle in sich trägt. Daß Gustav Klimts Lebensbaumzweige im Stoclet-Fries in die bildbeherrschenden goldenen Spiralornamente übergehen, läßt erkennen, daß die Spirale auch für ihn mit der Bedeutung „Leben“ verknüpft ist. |